In meinem Geschirrspüler sitzt ein Forscher und droht mir mit erhobenem Zeigefinger. Ich mache mir nichts draus, denn ich bin ein Rebell.
Mein Name ist Gunnar Roß und ich bin ein europäischer Verbraucher. In meiner Eigenschaft als solcher benutze ich Dinge und verbrauche Energie. Als ich neulich beim Studium unserer Lokalpostille über einen Artikel mit der Überschrift „Wissenschaftler kritisieren Geschirrspül-Verhalten“ stolperte, ging mir die Hutschnur hoch. Dabei trage ich gar keine Hüte, höchstens mal am Sonntag, wenn ich pfauengleich durch meine weitläufigen Ländereien stolziere. Doch zunächst zu gerade erwähntem Artikel. Lesen Sie mal rein:
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Die älteren unter Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, werden sich vielleicht noch an eine Zeit erinnern, in der man als Verbraucher mündig war. Man hatte weitestgehend die Freiheit, selbst zu entscheiden. Tagein, tagaus ratterten unsere abgrundtief schlecht beladenen Geschirrspülapparaturen vor sich hin. Im ganzen Haus leuchteten die guten alten Glühlampen stundenlang und die Heizungen liefern immer mit den Thermostaten auf Anschlag gedreht. Auch im Sommer. Wir waren jung, dumm und unbeschwert und Energie war für uns etwas, das aus der Steckdose kam. Keine Ressource, die es zu schonen galt, sondern ein jederzeit verfügbares Allgemeingut, das bezahlt werden mußte. Nun, die Zeiten ändern sich, und so ändern sich auch die Dinge. Da lassen sich also europäische Verbraucher, wie auch ich einer bin, durch Webcams beobachten. Beziehungsweise, sie senden freiwillig Fotos ihrer dilletantisch beladenen Geschirrspülapparaturen ein. Dann gibt es Wissenschaftler, die sich diese Bilder ansehen und den bösen Verbrauchern mal tüchtig die Leviten lesen. Du, du, du, du widerliches Öko-Schwein!
In Zeiten wie diesen, ist Widerstand nicht nur die erste Pflicht des Ignoranten, sondern auch unheimlich einfach. Ich fordere sie alle auf, Ihre Geschirrspülautomaten mit maximal einer, am besten nur leicht verschmutzen Tasse zu beladen und die ganze Chose dann drei Stunden lang ordentlich durchzukochen. Das gleiche machen Sie dann bitte mit ihren Seidentüchern in der Waschmaschine — sagen wir 90 Minuten bei 90 Grad. Das sollte fürs Erste reichen. Jetzt werden Sie mich unvernünftig und ignorant schimpfen, aber ich sage Ihnen: Wenn das so weitergeht mit der Bevormundung des ehemals mündigen Bürgers, dann gibt’s auch bald wieder Toilettenpapier auf Zuteilung. Wir müssen, ich betone — m ü s s e n — uns wehren. Widerstand ist erste Bürgerpflicht. Kampf der völligen Rückverdummung!
Wenn einer der Forscher bei Ihnen klingelt um sich zu beschweren, ziehen Sie im eines von den ungespülten Frühstücksbrettchen über den Hinterkopf. Aber immer schön sachte, es soll niemand zu Schaden kommen.
Mit entsetzen Grüßen,
Ihr Gunnar Roß