Richtig schöne Worte

Atlas der deutschen Alltagssprache 2011

Guten Tag, Grüezi, Grüß Gott, Servus, Moin Moin und Hallo!

Alle Jahre wieder startet die Philol­o­gisch-His­torische Fakultät der Uni­ver­sität Augs­burg ihre Umfrage zum regionalen Sprachge­brauch in den deutschsprachi­gen Län­dern (Deutsch­land, Öster­re­ich, der Schweiz, Nordi­tal­ien, Liecht­en­stein und Ost­bel­gien). Im Augen­blick läuft die 8. Runde. Die Ergeb­nisse der 7. Runde kann man sich hier anse­hen und erläutern lassen. In diesem Jahr erfahren wir u. a. wo man Pfannkuchen ißt, wo dage­gen Eierkuchen, Palatschinke, Plinse, Omelette oder Pangech. Außer­dem inter­es­sant und immer wieder abend­fül­lend: Die Diskus­sion über die Angabe der Uhrzeit. Ist es ger­ade Vier­tel nach 9, Vier­tel 10 oder 15 Minuten vor 15 Minuten vor halb nach 9? Das Vier­tel 10-Band zieht sich quer durchs Land, nur von Nieder­sach­sen nach West­en hin spricht man von Vier­tel nach bzw. Vier­tel vor.

Ich hat­te Anfang 2009 schon ein­mal auf dieses Pro­jekt hingewiesen, und zäh­le auch in diesem (heute sog­ar her­rlich son­nigem) Jahr auf Ihre Mitarbeit.

Aktuelle Umfrage (Achte Runde)
Atlas zur deutschen All­t­agssprache (Start­seite)
Ergeb­nisse der ersten sieben Run­den (links jew­eils das Wort auswählen)

Auf Wieder­se­hen, Adios, Servus und Tschüß! Wer nicht mit­macht, wird verk­loppt!

Im Schlagloch

Mein Name ist Gun­nar Roß und mich fröstelt. Dieser Dezem­ber ist der käl­teste seit 40 Jahren und verur­sacht Straßen­schä­den in Bil­liar­den­höhe. Schla­gloch rei­ht sich an Schla­gloch und hier bei uns in den ländlichen Gebi­eten ist es mancherorts so schlimm, daß sich Auto­mo­bilis­ten, fahren­des Volk und auch die Fußgänger nur noch von Loch zu Loch hangeln kön­nen. Manch ein­er hat sog­ar eine form­schöne Aluleit­er dabei um für den Fall des Fall­es (das ist wörtlich zu nehmen) wieder aus dem Schla­gloch steigen zu können.

Wenn man allerd­ings ohne Leit­er in ein Schla­gloch gefall­en ist — wie mir das ger­ade vor 3 Tagen passiert ist — hat man unfrei­willig jede Menge freier Zeit zur Ver­fü­gung. Diese kann man dann ansprechend gestal­ten, z. B. mit Nach­denken. Nach­denken kostet außer Leben­szeit nicht viel, hält den Brä­gen ((Es gibt Leute, die essen Brä­gen, auch Bre­gen oder Hirn genan­nt. Her­rgottsakra­ment, wie kann man nur!)) in Schwung und fördert die interkul­turelle Kom­mu­nika­tion mit der eige­nen Per­son. Kom­mu­nika­tion ist wichtig, das weiß jed­er, der schon mal eine Woche am Stück geschwiegen hat ((Schweigen liefert sich übri­gens zusam­men mit Reden jedes Jahr ein Kopf-an-Kopf-Ren­nen auf mein­er Besten­liste der abson­der­lich­sten Tages­freizeit­gestal­tun­gen. In diesem Jahr liegt Schweigen vorn, aber Reden hat für 2011 mit neuen Wörter­büch­ern aufgerüstet. Es bleibt span­nend!)). Als ich also vor 3 Wochen hier ins Loch fiel, kamen mir drei Gedanken in den Sinn. Ein­er davon betraf meine Anstren­gun­gen auf dem Gebi­et der Zebrafinken-Zucht. Der zweite drehte sich um die Kopf­be­deck­ung von Heinz Liskens von der Stadtver­wal­tung Aachen. Der dritte, und mit Abstand inter­es­san­teste Gedanke aber, betraf die Worte des Jahres.

Das offizielle Wort des Jahres 2010 ste­ht bere­its fest, es lautet Wut­bürg­er. Ein Unwort des Jahres hat die Gesellschaft für deutsche Sprache noch nicht gekürt. Mein per­sön­lich­es Unwort des Jahres ste­ht jedoch fest. Ich werde es in ein­er der fol­gen­den Zeilen mit großem Tam­tam, rol­l­l­l­l­l­len­dem Trom­mel­wirbel, zwei extra einge­fügten Leerzeilen und sieges­sicherem Lächeln verkün­den: Das Roß’sche Unwort des Jahres lautet:

zeitnah



Da ste­ht es vor uns, das Deter­mi­na­tivkom­posi­tum ((Auch ich mußte nach­schla­gen. Nach­schla­gen ist keine Schande, was man vom Drauf­schla­gen get­rost auch behaupten kann)) aus Zeit und nah. So klein und unschein­bar, noch so jung und doch schon so ver­dor­ben. Das kleine zeit­nah kommt immer dann zum Ein­satz, wenn es um möglichst bald umzuset­zende Auf­gaben geht. Erteilt wer­den diese Art von Auf­gaben meist von ein­er hierar(s)chischen Stufe ober­halb der meini­gen, also von Vorge­set­zten, Chefs und anderem Gesin­del. Was mich an zeit­nah so sehr stört, ist neben der Unverbindlichkeit des Wörtchens vor allem auch seine uni­verselle Ein­set­zbarkeit. Man kön­nte z. B. — wenn man denn mal muß — eben­so zeit­nah ein Abort auf­suchen, wie man sich zeit­nah auf dem Jahrmarkt der Gefüh­le nach ein­er Lebens­ab­schnittsüber­brück­ungspart­ner­in umse­hen kön­nte. Zeit­nah ist das per­fek­te Wort für die Beliebig- und Belan­glosigkeit unser­er Zeit. Zeit­nah ist unverbindlich, dehn­bar und es frißt kein Brot. Zeit­nah ist der Fluch und der Segen des Kap­i­tal­is­mus. Zeit­nah ist nichts und alles zugle­ich. Zeit­nah geht eigentlich immer. Zeit­nah ist ein­set­zbar bis zum bit­teren Ende, denn irgend­wann wer­den wir alle zeit­nah ster­ben. Manch ein­er zeit­nah, der näch­ste zeit­näher, und wieder andere am zeit­näch­sten.

Ihnen jedoch, liebe Leserin, lieber Leser, wün­sche ich zeit­nah vor allem Gesund­heit und daß sie mir und mein­er kleinen abson­der­lichen Welt des Mind Bowl­ings gewogen bleiben. Gegen eine Alu-Leit­er oder ein Seil hätte ich allerd­ings auch nichts einzuwen­den. Nur bitte — zeit­nah! — sollte es sein.

Worte, nichts als Worte

Karo­line, Karo­line! Vom vie­len Kabriofahren hast Du nun einen Katarr. Hättest Du Dir doch ein Kupee gekauft, Du hättest noch schar­man­ter darin aus­ge­se­hen und Dir nicht den Hals verkühlt. Die Maf­fia ist über­all, in jed­er Butike und in allen Fas­set­ten. Komm Liebling, wir kaufen etwas Schiko­ree, schauen ein paar Sketsche im Fernse­hen und danach tran­schieren wir unsere Suta­nen.

Die fett her­vorge­hobe­nen Worte sind elf der achtzehn Worte, für die der Rat für deutsche Rechtschrei­bung die Stre­ichung aus dem offziellen Wörter­verze­ich­nis emp­fiehlt. Ich wußte gar nicht, daß die oben aufge­führten Schreib­weisen nach neuer deutsch­er Rechtschrei­bung über­haupt zuläs­sig sind. Man lernt eben nie aus. Ergänzt wer­den sollen übri­gens die Schreib­weisen Caprice, Clemen­tine, Crème und Schmand.

Frisch gebrüht

Wenn ein Kaf­fee-Pad ein Soft Pod ist, ist dann das iPad auch ein iPod? Gibt es im Deutschen über­haupt das Wort „Pad“ oder ist Pad nicht schon aus dem Englis­chen entlehnt? Geht das Pad solange zum Brun­nen bis der Krug bricht, oder macht das der Pod? Das Pod? Die Pötte? Kommt mal in die Pötte und cleart me up bittschön.

In Sächsisch bitte!

Ein Zebra ver­ste­ht nur säch­sisch. In Wirk­lichkeit dürfte es allerd­ings seinen Pfleger am Klang sein­er Stimme erkan­nt haben — völ­lig unab­hängig davon, welchen Dialekt der Mann spricht. Übri­gens: Nor­wegis­chen Lehrern ist es bere­its seit 1878 ver­boten, Kinder wegen ihres Dialek­tes zu rügen.

Scheibe für Scheibe ein Hochgenuß

Klick!

Deutsch­land, Deutsch­land, Deutsch­land. Du kleines wirres Dorf am Bodensee. Weit sind deine Wälder, gelb sind deine Felder, vier­spurig deine Auto­bah­nen. Das schön­ste an dir ist die deutsche Sprache. Es gibt so viele tolle deutsche Worte! In dieser Folge:

Die Rohwurst­fi­bel. Eine Fibel ist ein Nach­schlagew­erk und wer ein­mal nach­schla­gen möchte, was Ron­ny Rotwurscht und Lothar Leberkäse in ihrer Freizeit so anstellen, der greife beherzt zur Rohwurst­fi­bel. In der näch­sten Folge dann die Bratwurscht­bibel, der Auf­schnit­tat­las (mit Dauer­wurscht­domi­no zum Ausklap­pen) und das Mor­tadel­lamelo­dram. Mahlzeit.

Ausgewählte Spezialitäten garantieren höchsten Genuß

Ich sat­telte mein Ankun­fts-Auto­mo­bil und fuhr über viel­er­lei Hin­bringungs-Straßen in Rich­tung eines jen­er Läden, welche Bere­it­stel­lungs-Lebens­mit­tel zum käu­flichen Aneig­nungs-Erwerb bere­i­thal­ten. Dort angekom­men, griff ich behende zum Hinein­pack-Einkauf­swa­gen und erwarb unter anderem eine Tafel Herkunfts-Schokolade.



Medialer Rückblick (mit Sichtbehinderung)

Eigentlich sollte hier ein klein­er Jahres­rück­blick erscheinen. Dum­mer­weise kann ich mich an vieles was im let­zten Jahr passiert ist kaum noch erin­nern, was das Rück­blick­en ein wenig schwierig macht. Den­noch trat­en nach län­gerem Stochern im Nebel fol­gende Jahreseck­dat­en zu Tage:

Die Alben des Jahres: Mum­ford & Sons — Sigh No More wegen der vie­len kleinen großar­ti­gen Songs, dem aus­ge­feil­ten, clev­eren Song­writ­ing, der fan­tastis­chen Pro­duk­tion und den wun­der­baren Tex­ten. Ele­ment of Crime — Immer da wo du bist bin ich nie weil Sven Regen­er immer noch die besten deutschen Texte schreibt. Und natür­lich Mor­ris­sey — Years Of Refusal wegen über­haupt und sowieso. Außer­dem pos­i­tiv aufge­fall­en sind Clara Luzia, Sarah Blasko, New Mod­el Army, die Kaput Krauts, Sniff­ing Glue und natür­lich die Boxhamsters.

Die Filme des Jahres: Ent­ge­gen meinen vor­jähri­gen Gewohn­heit­en bin ich dieses Jahr nicht zum aus­giebi­gen Filmguck­en gekom­men. Den­noch einige Empfehlun­gen: Der beste Film des Jahres heißt Verblendung — extrem span­nend, schock­ierend, bru­tal und mitreißend. Ich bin schon auf die Teile 2 und 3 der Trilo­gie ges­pan­nt. Das neue deutsche Kino war mit Fleisch ist mein Gemüse und Dorf­punks eher ent­täuschend. Bei­de Filme erre­ichen nicht die Qual­ität ihrer jew­eili­gen Buchvor­lage. Anson­sten gab’s für mich in diesem Jahr die volle Dröh­nung Lit­tle Britain auf DVD, dazu die 7‑D­VD-Box von Mon­ty Python (bei­des grandios) und The Avengers als DVD-Box.

Buch-Ent­deck­ung des Jahres ist für mich Der Fliegen­fänger von Willy Rus­sell. Der Roman hat schon sieben Jahre auf dem Buck­el, ich hab ihn aber erst dieses Jahr ent­deckt. Famoses Ding, eines der besten Büch­er, das ich je gele­sen habe. Vielle­icht schreib ich irgend­wann mal eine aus­führliche Besprechung.

Für 2010 gelobe ich Besserung und werde mir eventuel­lvielle­icht­malse­hen das ganze Jahr über Noti­zen machen, dann klappt’s vielle­icht auch deut­lich bess­er mit einem Rückblick.

Bis dahin verbleibt das gesamte Behör­den­team mit den besten Wün­schen auf ein schönes und entspan­ntes Wei­h­nachts­fest. Legt die Beine hoch und laßt die Füße baumeln! Genießt den Abschieds­gruß von Mum­ford & Sons! Bis bald!


Ein Beitrag, der nur aus Redewendungen besteht

Heute: Redewen­dun­gen mit B

Du ben­immst Dich wie ein Back­fisch, sprach Bar­bara zu mir, während ich mir eine Flasche Bier auf­machte und zum Fen­ster hin­aus sah. Ich ver­stand nur Bahn­hof, immer­hin bin ich ja nicht die Bank von Eng­land! Die ließe sich vielle­icht einen Bären auf­binden, und hätte mir damit einen Bären­di­enst erwiesen! Immer­hin wußte ich, wo der Barthel den Most holt, kon­nte also vor­sor­gen. Wir mußten ein Bauernopfer brin­gen, soviel war klar. Es wurde in Bausch und Bogen ver­wor­fen, man war ich bedi­ent! Ander­er­seits war ich wenig­stens über den Berg, mußte nicht länger kämpfen wie ein Berserk­er und war ziem­lich gut beschla­gen. Ich fraß einen Besen und kippte mir ordentlich einen hin­ter die Binde. Wenn das mal nicht in die Bin­sen geht oder als Bin­sen­weisheit endet. Bar­bara nahm erneut kein Blatt vor den Mund und machte am Mon­tag blau. Sie war und bleibt eben ein Blaus­trumpf! Ach du heilig’s Blech­le, die geht ja ran wie Blüch­er an der Katzbach! Wir kocht­en uns ein Täss­chen Blüm­chenkaf­fee und sagten uns ein paar Sätze durch die Blume. Ob der vie­len Sätze begann ich Blut und Wass­er schwitzen — wenn ich mir da mal keinen Bock schieße oder gar zum Gärt­ner mache! Ich jagte Bar­bara zunächst ins Bock­shorn und anschließend eine Runde um den Block. Wir lan­de­ten in böh­mis­chen Dör­fern, schrieben Brand­briefe und rochen ein paar Brat­en. Unser kleines Bratkartof­felver­hält­nis set­zten wir noch Jahre fort, sprangen gemein­sam in die Bresche und bohrten richtig dicke Bret­ter. Einige davon tru­gen wir vor den Köpfen, darauf gebe ich Ihnen Brief und Siegel! Später dann mußte ich kleinere Brötchen back­en, weil vieles in die Brüche ging. Jeman­dem gold­ene Brück­en bauen, alle Brück­en hin­ter sich abbrechen, reden wie ein Buch — es gab soviele Möglichkeit­en zur Gestal­tung meines neuen Lebens! Rutscht mir doch den Buck­el runter, dachte ich, bevor ich bei jeman­dem auf den Busch klopfte. Alles in But­ter, Mut­ter! Ich laß mir ja die But­ter nicht vom Brot nehmen, das wäre ja noch schön­er! Da muss noch mehr But­ter bei die Fis­che! Viel mehr But­ter bei die Fische!

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