Hannover

Frank Turner in Berlin

Mit klein­er Ver­spä­tung der Reise- und Konz­ert­bericht zu

Frank Turn­er & The Sleep­ing Souls
live im Post­bahn­hof Berlin, 2. Dezem­ber 2011

Was für eine Woche. Der Saft­laden, der sich ganz harm­los Arbeit­ge­ber nen­nt, steckt im vor­wei­h­nachtlichen Stress­chaos fest und fordert seinen Trib­ut in Form von Über­stun­den ein. Also wieder kein Urlaub. Immer­hin war es mir möglich, meinen Arbeit­splatz am Fre­itag pünk­tlich zu ver­lassen, denn die Fahrt nach Berlin stand an — Frank Haude­gen Turn­er und The Sleep­ing Souls bat­en zum kollek­tiv­en Fäusterecken.

Also mit Kol­le­gin K ab nach Pots­dam zu Kol­lege D, der sich fre­undlicher­weise bere­it­erk­lärt hat, bis nach Berlin weit­er zu fahren. Es stößt noch Kol­lege S zum Trio und somit ist das Quar­tett kom­plett. Ich war über die abgegebene Last des Fahres froh, da ich ungern in Berlin Auto fahre. Das hat auss­chließlich mit dem kom­plex­en Verkehrs­geschehen in der Haupt­stadt zu tun, die rein fort­be­we­gung­stech­nisch ein­fach nicht meine Haupt­stadt ist. Zuviele Autos, zuviele Men­schen und keine Ahnung wo es langge­hen kön­nte. Ein­mal Bauern­tram­pel, immer Bauern­tram­pel. Die Feld­wege mein­er Region sind mir ver­traut wie der Inhalt mein­er Jack­en­taschen; die Alleen und Haupt­straßen Berlins hinge­gen, bleiben mir auf ewig ein Buch mit sieben Siegeln.

Auf der Fahrt nach Berlin fiel ich durch pen­e­trantes aus-dem-Fen­ster-glotzen auf, was Kol­le­gen S zu fol­gen­dem denkwürdi­gen Satz ver­an­lasste: „Ich stand mal im Wed­ding im Stau und mir war über­haupt nicht lang­weilig.“ Ich schlug vor, diesen Satz als allerersten sein­er noch zu schreiben­den Auto­bi­ogra­phie zu ver­wen­den, da er mir aus­ge­sprochen gut gefiel. Ich glotze also und mir war auch nicht lang­weilig, denn die Stadt der Städte ist an Attrak­tio­nen reich: Es gibt chi­ne­sis­che Restau­rants mit Namen Ding Dong, es gibt viel bunte Leuchtreklame und es gibt Men­schen aus aller Her­ren Län­der. Am Pots­damer Platz angekom­men, leuchtete die neue Heiligkeit Berlins direkt vor uns. Ich weiß nicht, was die Berlin­er bzw. ihre Gäste am Pots­damer Platz so find­en. Ich finde den näm­lich ganz schön gruselig. Die auch nachts illu­minierten gle­ich­för­mi­gen Büros weck­en unweiger­lich Assozi­a­tio­nen an Hux­leys Schöne neue Welt oder Orwells 1984. Wer etwas anderes empfind­et, ist entwed­er merk­be­fre­it oder unsensibel.

Wir erre­icht­en den Ost­bahn­hof, den vom Post­bahn­hof nur das P und 100 m Fußweg tren­nen. Kol­lege S bekam Hunger, ver­schwand für eine gefühlte Vier­tel­stunde im Bahn­hof und kam mit ein­er Piz­za­schachtel voller in Quadrate geschnit­ten­er Piz­za­stück­en zurück. Dem Anschein nach ver­mutete ich lau­thals, Kol­lege S hätte um die Reste aus dem Steinofen gebet­telt — er blieb jedoch felsen­fest bei sein­er Ver­laut­barung, für die Piz­za bezahlt zu haben. Sei’s drum.

Piz­za mampfend schrit­ten wir hinüber zum Post­bahn­hof und bat­en an der Lokalität um Ein­laß. Sel­biger wurde uns prompt gewährt, denn klug wie wir nun­mal sind, hat­ten wir bere­its Karten. Es war recht voll und nach der oblig­a­torischen Getränkev­er­sorgung und dem Mer­chcheck sahen wir vom Neben­raum aus Frank Teufelskerl Turn­er und seine Man­nen die Wen­del­treppe zur Bühne hin­ab­wan­deln. Also flugs den Raum gewech­selt, in der Gewißheit die Vor­band The XCerts ver­paßt zu haben. Was kein Dra­ma war, denn ich fand die Band schon beim Han­nover-Konz­ert — Inter­essierte find­en hier den Reise­bericht — verzichtbar.

Zu den Klän­gen von Eulo­gy ging’s los und das gle­iche wohlige Gefühl stellte sich auch prompt ein. Meine Mit­stre­it­er blieben hin­ten, ich kämpfte mich tapfer bis ins erste Drit­tel der Halle vor und fand einen guten Platz. Die Setlist bestand im wesentlichen aus den gle­ichen Songs wie beim Han­nover-Gig. Ausgenom­men das neue Cow­boy Chords, das für eine kurze Ver­schnauf­pause im ersten Teil des Konz­ertes sorgte. Nach anfänglich­er Ver­hal­tenheit hat­te Frank Braten­ben­gel Turn­er nach 15 Minuten das Pub­likum fest im Griff und kom­plett auf sein­er Seite. Spätestens bei Love Ire & Song gab es kollek­tiv kein Hal­ten mehr. Die Gags, (deutschsprachi­gen) Ansagen und Über­leitun­gen waren im Großen und Ganzen auch diesel­ben wie in Han­nover. Zunächst war ich ob der Syn­chronität der bei­den Shows etwas über­rascht bis ent­täuscht, im Gesamt­faz­it geht das als eine Art von Rock’n’Roll-Show aber dur­chaus in Ord­nung. Wenn Frank Wah­n­witz Turn­er mit ganzem Herzen bei der Sache ist und seine Shows vor Herzblut, Lei­den­schaft und Ide­al­is­mus nur so strotzen … dann dür­fen von mir aus auch die Gags aus dem Drehbuch kom­men. Das viele Herzblut erk­lärt übri­gens auch die recht „kurze“ Show von 90 Minuten inkl. Zugaben. Kol­lege D stellte ganz zu Recht fest, daß seine Stimme das ohne­hin nicht länger mit­machen würde … bei dieser Art von lei­den­schaftlichem Einsatz.

Zum Abschluß gab’s erneut das großar­tige Some­body To Love und als Zugabe das sel­ten gespielte Rock’n’Roll Romance und den eben­falls schon aus Han­nover bekan­nten Block aus The Bal­lad of Me and My Friends und Pho­to­syn­the­sis. Auch bei den let­zten bei­den Songs war das Pub­likum in exzel­len­ter Mits­ingstim­mung, die Fäuste reck­ten sich gen Hal­len­decke und der Schweiß sam­melte sich auf dem Hal­len­bo­den. Großes Kino.

Die Rück­fahrt ver­lief enorm entspan­nt. Genau genom­men so entspan­nt, daß ich hin­ter Pots­dam den Tem­po­mat auf 140 tack­erte und bis zu mein­er heimis­chen Abfahrt wed­er Gas- noch Brem­spedal benutzen mußte. Colasaufend fuhren wir durch die Nacht… und da ich mein recht­es Bein nicht benötigte, pfiff ich auf dessen Zehen das Eng­land Keep My Bones Album in ganz­er Länge.

Setlist wird nachgereicht!

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Im Hexenkessel von Hannover

Unser klein­er Ausflug:

Frank Turn­er & The Sleep­ing Souls
live im Kul­turzen­trum FAUST (60er Jahre Halle)

Am gestri­gen Abend hieß es mal wieder, den Volk­swa­gen zu sat­teln und ihm die Sporen zu geben. Dieses Mal wieder in Rich­tung West­en, über die Lan­des­gren­ze nach Han­nover. Im Kul­turzen­trum Faust spielte Frank Incred­i­ble Turn­er, der Wirbel­wind von der Insel, zum Tanze auf. Die Tick­ets lagen in weis­er Voraus­sicht bere­its seit Monat­en bere­it, was ich gestern Abend als kluge Entschei­dung erwies. Das Konz­ert war ausverkauft und die Schlange am Ein­laß eben­so end­los wie kalt.

Die Anfahrt ver­lief prob­lem­los. Allerd­ings läßt der Straßen­zu­s­tand der Auto­bahn 2 zwis­chen Helm­st­edt-Ost und Peine doch sehr zu wün­schen übrig. Die Auto­bahn ist dort eine Berg- und Tal-Schun­kel-Bahn, was mich umge­hend zu der Erken­nt­nis brachte, daß der Abschwung West weit­er in vollem Gange ist, während die in den let­zten 20 Jahren auf den Boden gestampften Schnell­fahrbah­nen im Osten unseres Vater­lan­des durch eine eben­so glat­te wie ele­gant bitu­mierte Ober­fläche zu überzeu­gen wis­sen. Wie auch immer — wir über­wan­den die Paß- und Visakon­trolle in Marien­born ohne größere Prob­leme und kamen pünk­tlich in Han­nover an. Die Park­platz­suche gestal­tete sich äußerst schwierig und lang­wierig, da das Kul­turzen­trum Faust recht zen­tral in Han­nover-Lin­den gele­gen ist. Schlußendlich fan­den wir dann aber doch noch einen Park­platz, allerd­ings einen, bei dem die hohe Kun­st des zen­time­ter­ge­nauen Ein­parkens gefragt war. Kraft unser­er Wasser­suppe und Lenkbe­we­gun­gen meis­terten wir aber auch diese Hürde.

Am Faust angekom­men, fan­den wir ein­gangs erwäh­nte Schlange vor. Nach gut 15 Minuten waren wir an der Pole Posi­tion ange­langt und prompt wurde uns Ein­laß gewährt. Das Faust gliedert sich in mehrere Objek­te und Lohkäh­schens, wie z. b. die Ware­nan­nahme, die Kun­sthalle und eben die bere­its genan­nte 60er Jahre Halle. Wir betrat­en also let­ztere, holten uns den oblig­a­torischen Stem­pel ab und wur­den nur kurz per Sichtcheck von der (sehr fre­undlichen!) Secu­ri­ty über­prüft. Die Halle ent­pup­pte sich rein größen­tech­nisch eher als mit­tel­großer Schup­pen. Ein LKW wäre dort vielle­icht abstell­bar, oder auch 150 Fahrräder. Aber nur, wenn man sie ordentlich stellt. Immer hüb­sch seit­en­verkehrt — Lenker an Hin­ter­rad und ander­sherum. Konkreter wer­dend, würde ich sagen wollen, daß vielle­icht 300 bis 400 Men­schen in der Halle Platz fänden.

Kurz den Merch-Stand gecheckt (alles bere­its vorhan­den!) und dann erst­mal ein Bier getrunk­en. Zu den Bier­preisen kann ich nichts sagen, da meine Begleitung so fre­undlich war, mich ernährungs- und geträn­ketech­nisch über den Abend zu ret­ten. Im Gegen­zug fuhr ich und spendierte die Tickets.

Nach län­ger­er Warterei und dem oblig­a­torischen Pub­likum­scheck (Alles von 20 bis 40, hoher Frauenan­teil), betrat­en dann auch schon die Her­ren der The Xcerts die Bühne. Geboten wurde wenig orig­ineller Nois­e­rock mit starken Emo-um-das-Jahr-1992-Ein­flüssen. Ganz nett, aber nicht nicht nett genug, als daß ich beispiel­sweise einen Ton­träger der For­ma­tion besitzen wollte.

Nach kurz­er Umbau­pause dann endlich unser angel­säch­sis­ch­er Räch­er aus Win­ches­ter For­est — Frank Amaz­ing Turn­er! Los ging’s mit Eulo­gy vom let­zten Album Eng­land Keep My Bones und von Sekunde 1 an ertönte der viel­stim­mige Chor aus Pub­likum und Frank Unbe­liev­able Turn­er selb­st. Was fol­gte war ein Hit­feuer­w­erk aus zunächst fünf Songs (genaue Setlist wird nachgere­icht!) das kaum Zeit zum Luft­holen ließ. Vielfach reck­ten sich bere­its während den ersten Songs die Fäuste in die Lüfte und stel­len­weise sang das Pub­likum lauter als unser Haup­tak­teur selbst.

Dann erst die Begrüßung des Pub­likums durch Mr. Turn­er. Er erwäh­nte, daß sein erster Solo-Head­lin­er-Ging vor Jahren im Chez Heinz in Han­nover stat­tfand, weshalb er mit der Stadt beson­ders ver­bun­den wäre. Alter Schleimer. Was fol­gte, waren ins­ge­samt 90 Minuten Wahnsinn, Hits und gute Laune, nur unter­brochen durch die elo­quenten Geschicht­en und Anek­doten, die Frank Turn­er zwis­chen­durch zum Besten gab. Immer eingestreut in seine Geschicht­en sind die Worte fuck­ing, fuck, moth­er­fuck­ing, Moth­er­fuck­ers und shit. Das wirkt aber nie pein­lich oder aufge­set­zt, son­dern ein­fach herz­er­frischend und lei­den­schaftlich. Toller Mann, und das sage ich als Heterosexueller.

Dazwis­chen immer wieder die Auf­forderung zum Mitsin­gen, der massen­haft nachgekom­men wurde. Neben­bei gab es ein paar deutsche Sätze, beispiel­sweise wenn Mr. Turn­er das Pub­likum zu noch mehr Ein­satz auf­fordern wollte: „Bizt Du mude? Kannst Du noch? Bizt Du Oster­re­ich­er?“. Was haben wir gelacht!

Vor Glo­ry Hal­lelu­jah („There nev­er was no god“) entschuldigte er sich beim Pub­likum präven­tiv, falls er irgend­je­man­des religiöse Gefüh­le ver­let­zten sollte. Man solle als Christ, Moslem, What­ev­er halt nicht hin­hören und könne ja später trotz­dem zusam­men ein Bier an der Bar trinken. Kor­rek­te Ein­stel­lung, wie ich finde. Das gle­iche auch in Anspielung auf den Albumti­tel Eng­land Keep My Bones („Ger­many and Eng­land were in fuckin‘ war with each oth­er. But now were friends, aren’t we?). Bei Dan’s Song dann der ulti­ma­tive Höhep­unkt der Pub­likums­beteili­gung — die Air Har­mon­i­ca! Da Mr. Turn­er seine Mund­har­moni­ka im Suff in Aus­tralien ver­loren hat, mußte das Pub­likum ein­sprin­gen. Nach kurz­er Probe und Ein­weisung durch den Meis­ter ging’s dann im entsprechen­den Mund­har­moni­ka-Part von Dan’s Song auch richtig ab: Das gesamte Pub­likum nahm seine imag­inären Mund­har­monikas vor den Mund und es erscholl ein hun­dert­fach­er Jaul- und Jam­mer­chor, was für über­bor­dende Heit­erkeit sorgte.

Mit­ten­drin gab’s noch eine großar­tige Cov­erver­sion von Queens Some­body To Love, das exzel­lente Sons Of Lib­er­ty und „for all the old punks in die audi­ence“ das epis­che Love Ire & Song. Dann auch noch das berührende Long Live The Queen, da bleiben bei mir abso­lut keine Wün­sche mehr offen.

90 Minuten waren viel zu schnell vor­bei. Die Zugabe bestand aus Bal­lad Of Me And My Friends und Pho­to­syn­the­sis, welch­es zum aller­let­zten Höhep­unkt wurde. Erneut wurde mas­sive Pub­likums­beteili­gung einge­fordert, und beim Gesang von „I won’t sit down and I won’t shut up and most of all I will not grow up“ fühlten wir uns wie eine Armee von beruf­sju­gendlichen Min­der­jähri­gen auf Glück­shormo­nen. Fuckin‘ amazing!

Abschließend das Faz­it: Ein famoser Abend mit einem famosen Frank Unfaßbar Turn­er und ein­er großar­tig einge­spiel­ten Band. Eines der besten Konz­erte, daß ich jemals besuchen durfte. Wenn Frank Turn­er in eur­er Nähe spielt, geht hin. Der Mann ist jeden ver­dammten Cent wert.

Wir sehen uns am 2. Dezem­ber in Berlin. 😀

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The Wedding Present in Hannover

„The boy Gedge has writ­ten some of the best love songs of the Rock’n’Roll Era.
You may dis­pute this, but I‘m right and you‘re wrong !”
(John Peel)

TextWenn John Peel Recht hat­te (und John Peel hat­te kwasi immer Recht!) dann hat David Gedge einige der besten Liebeslieder aller Zeit­en geschrieben. Um uns per­sön­lich und live­haftig von den Song­writerqual­itäten des Her­rn Gedge zu überzeu­gen, trat­en wir die kurze und voll­ständig unbeschw­er­liche Reise nach Han­nover an.

Unsere Reise begann um 19.00 Uhr in der heimatlichen Börde. Ich hat­te das große Los gezo­gen und mußte an diesem Abend nicht selb­st fahren. Stattdessen wurde mir ein Platz in einem ital­ienis­chen Reise­mo­bil ange­boten. Das Platzange­bot war for­mi­da­bel, die Ausstat­tung fabel­haft und die während der Fahrt stattge­fun­dene Kom­mu­nika­tion nicht min­der inter­es­sant. So macht­en wir uns in Auto 1 also auf den Weg, während uns das nigel­nagel­neue Auto 2 mit Teilen der Pep­pone-Besatzung und anderen net­ten Men­schen unauf­fäl­lig fol­gte. An der Abfahrt Braun­schweig Hafen trafen wir auf einen Ver­wirrten, der erwäh­nte Abfahrt als Auf­fahrt inter­pretierte und fol­gerichtig zum Geis­ter­fahrer wurde. Unsere bei­den Auto­mo­bile waren die let­zten die noch durchka­men, der Rest mußte dann wohl oder übel brem­sen und auf die Polente warten. Puh, Schwein gehabt — nicht das wir noch zu spät kommen!

In Han­nover angekom­men war die Lohkäh­schn auch schnell gefun­den. Das Café Glock­see überzeugte mit ein­er net­ten Innenein­rich­tung, einem ansprechen­den Auße­nam­bi­ente und net­ten Men­schen soweit die Augen reicht­en. Einzig über die Ein­laßzeit­en sollte disku­tiert wer­den dür­fen. Wenn man schon 30 Minuten bei knapp minus 40° Cel­sius in meter­ho­hen Schneewe­hen ste­ht, ist eine warme Decke, ein Täss­chen Grog und ein Reisegutschein nach Ibiza nun wirk­lich nicht zuviel verlangt.

Let­z­tendlich sind wir dann aber doch reingekom­men. Teile der Besatzung stürzten zum Kick­er um sich die Zeit zwis­chen Ein­laß und Haupt­band mit zwölf bis achtzehn Par­tien Tis­ch­fußball zu vertreiben. Was kein Ver­brechen war — denn die Vor­band namens Pre­cious Few bot eben­so tadel­losen wie lang­weili­gen Acoustic-Indie-Pop. Bei ein­er Her­mann-Kola ((erdig! schwarz! gut! Diese Art von offen­sichtlichen Indie-Gesöf­fen ken­nt man als herkömm­lich­er Börde­bauer ja gar nicht. Hier gibt’s eben nur Koka oder Beb­si!)) inspizierte ich den Mer­chan­dise-Stand und traf dort sog­ar auf Her­rn Gedge höch­st­selb­st! Ich kaufte mir die bish­er let­zte CD der Live-Series und ließ sie selb­stver­ständlich auch gle­ich sig­nieren. ((Ich bin mir des teenager­haften Treiben meines Tuns dur­chaus bewußt, ste­he aber vol­lum­fänglich und mit ganzem Herzen zu mein­er Tat. Ehret die Inter­pre­ten und ehret ihre Unter­schriften!)) Ich begann auch noch, ihm meinen Namen zu buch­sta­bieren, aber dieser kräh­si Englän­der kan­nte den ganz offen­sichtlich schon.

TextDer Herr Gedge scheint mir übri­gens ein geschäft­stüchter Zeitgenosse zu sein. Neben inzwis­chen gefühlten drei­hun­der­tachtund­siebzig Wed­ding Present-Veröf­fentlichun­gen gab es eine Bieterliste für eine von ihm sig­nierte Bass­box (?), die der Höch­st­bi­eter dann am Abend wohl mit nach Hause schlep­pen kon­nte. Außer­dem sig­nierte Drumdingers für 15,- EUR. Naja, er hat ja keinen Haup­tjob und macht seit gefühlten hun­dert Jahren tolle Musik — seien wir also nachsichtig.
Nun aber ging es endlich los — Wed­ding Present betrat­en die Bühne ((vor ca. 200 bis 300 Leuten. Nicht leer, nicht zu voll. Pri­ma)) um sofort eine Runde loszuschram­meln. Klein­er Beset­zungswech­sel am Schlagzeug (?) und am Bass — wovon beim besten Willen nix zu merken war. Die Band wirk­te wie seit hun­dert Jahren einge­spielt. Dabei ist David Gedge das einzige Orig­i­nalmit­glied. Was aber irgend­wie auch nichts macht, da er ja immer eben­so Kopf wie auch Marken­ze­ichen war. Los ging es also mit 2,3, Go! und dem sehr sel­ten live gegebe­nen Where every­body knows your name. Anschließend wurde das kom­plette Bizarro-Album aus dem Jahre 1989 durchge­spielt. Und wie! Ein großar­tiger Song rei­hte sich an den näch­sten und Mr. Gedge machte nur kurze Pausen um nach jedem Song die Gitarre zu tauschen. Ich ver­mutete eigentlich, die exzes­sive Schram­melei erfordert nach jedem Song ein neues Stim­men. Andere Quellen aber meinen, daß während jeden einzel­nen Songs Sait­en reißen. Und die wer­den dann aufge­zo­gen. Ganz neue Sait­en. Wenn er keine neuen Sait­en aufziehen ließ, unter­hielt er das Pub­likum mit Ansagen in Deutsch. Sel­bige waren nahezu voll­ständig fehler­frei, klan­gen aber trotz­dem wie aus einem Mon­ty Python-Sketch.

Nach dem vor­let­zten Song Take Me! hätte für mich eigentlich Schluß sein kön­nen, aber dem Album fol­gend gab’s noch Be Hon­est oben­drauf. Ein­gangs erwäh­ntes Take Me! jeden­falls ist ein unfaßbar großar­tiges Mon­ster von einem überirdisch guten Ram­bazam­ba-Song und sollte unten ((Ham­burg, nicht Han­nover! Meine Videokam­era hat­te Grippe.)) in voller Laut­stärke und mit wildgeschweck­tem, bere­its leicht schüt­terem Haupthaar genossen wer­den. So benutzt man Gitar­ren, Herrgottsakrament!!!

Nach diesem tollen Abend ((wie immer ohne Zugaben. Wed­ding Present geben nie Zugaben.)) trat­en wir die Rück­reise an. Der Hunger trieb uns dann noch zu ein­er imper­al­is­tis­chen Schnellmahlzeit­en-Kette aus Ameri­ka, wo wir den einen oder anderen Burg­er ver­drück­ten. Und auch auf Bürg­er trafen. So z. B. das hüb­sche Gesicht der gelun­genen Inte­gra­tion, den Mon­teur Michael, einen 360° Drehun­gen-üben­den Fies­ta-Fahrer aus der Niederp­falz und ein paar hun­grige Gestal­ten aus der Low Soci­ety. Und die waren alle auf Dro­gen, denn anders läßt sich ihr Ver­hal­ten nicht erk­lären… aber dazu niemals mehr.

Bis dahin und her­zlichen Dank an die Organ­isatoren, Fahrer und Teil­nehmende unser­er wun­der­hüb­schen Klassen­fahrt! Bis zum näch­sten Mal!



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