Gabelbach

Wo Barthel den Most holt.

Gedicht von Rudolf Baumbach


Das war der Barthel, der fromme Mann,
Der has­ste der Stadt Gebrause,
Er zog hin­aus in den fin­stern Tann
Und baute sich eine Klause.

Dort stillt der Bergquell seinen Durst,
Den Hunger die wilden Beeren
Und neben­her auch Speck und Wurst,
So ihm die Bauern verehren.

Am Tag ver­bringt er seine Zeit
Mit Essen, Gebet und Beschauung,
Die übri­gen Stun­den sind geweiht
Dem Schlum­mer und der Verdauung.

So führt er als ein guter Christ
Ein Leben recht gedeihlich,
Und wenn er ein­mal gestor­ben ist,
So spricht der Papst ihn heilig.

Wenn voll des Mon­des Scheibe lacht,
Lacht auch der Barthel listig:
Er hebt sich von dem Lager sacht,
Waldein­wärts schre­it­et er rüstig.

An seinem Arm hängt riesengroß
Ein Krug mit bauchiger Ründung;
So kommt er an ein zer­fal­l­enes Schloss
Und schlüpft in des Kellers Mündung.

Manch schw­eres Fass voll Rhein­wein ruht
Dort unten tief im Berge.
Es wachen über dem edlen Gut
Des Waldes kluge Zwerge.

Sie sam­meln sich beim Vollmondschein
Und feiern ihre Feste;
Die Nix­en und die Waldfräulein
Sind gern gese­hene Gäste.

Der Eremit tritt schüchtern vor
Und schar­rt mit seinem Fuße,
Da jubelt laut der Zwerge Chor
Und bietet das Glas zum Gruße.

Wald­weiblein, wenn sie ihn gewahrt,
Gar fre­undlich lächeln und knixen,
Es zupfen ihn am lan­gen Bart
Die über­müti­gen Nixen.

Und bei den Fässern hebet an
Ein Zechen ohne Gleichen.
Der Wasser­mann kommt auch heran,
Berichtet von seinen Streichen.

Dann lachen leis die Waldfräulein,
Die Nix­en kich­ern verstohlen.
Der Eremit blickt lustig drein.
Die Zwerge schreien und johlen.

Wenn die Hähne krähen, wenn däm­mern­der Tag
Zum Keller­loch mah­nend hereinblinkt,
Der Klaus­ner müde vom Geistergelag
Nach Haus mit dem Kruge voll Wein hinkt

Und sinkt auf seine Lagerstatt
Und schlum­mert auf duf­ten­dem Heue,
Und wenn er sich aus­geschlafen hat,
Begin­nt er zu trinken aufs neue.

Dem aber, dessen Liedermund
Dies schöne Lied gedichtet.
Hat Barthel selb­st in traulich­er Stund‘
Die Wun­der­märe berichtet.

Und wenn er aus des Klaus­ners Krug
Zuweilen sich einen Trost holt,
So spricht er ras­tend nach tiefem Zug:
„Ich weiß, wo Barthel den Most holt.“



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Wenn ich einmal tot bin…

… möge man mich so ehren, wie es die Gemeinde Gabel­bach mit ihrem Heimat­po­et­en Rudolf Baum­bach tat: Man trauer­prozes­sion­ierte eine geschla­gene Woche lang. Der Trauerzug wurde von mehreren Blu­men­wa­gen aus Mess­ing ange­führt, gezo­gen von geschmück­ten Ziegen­böck­en. Es gab Frei-Cola für alle und man sang die lustig­sten Lieder der Smiths. Am Ende der Trauer­feier­lichkeit­en enthüllte man dem Gemein­de­po­et­en ein Denkmal.


Der Rit­ter und die Nixen
Rudolf Baumbach

Zwölf Rit­ter rit­ten durch am Wald
Mit Schw­ert und Schild und Sporen;
Sie scherzen und lachen und haben bald
Den recht­en Weg verloren.

Und plöt­zlich sehen sie durch den Tann
Ein stilles Wass­er blinken;
Sie reit­en hinzu, sie hal­ten an
Und lassen die Rösslein trinken.

Da rauscht das Schilf und schwankt und nickt,
Die Wasserlilien sich neigen,
Und aus dem See korallengeschmückt
Zwölf schöne Nix­en steigen.

Die Rosse zit­tern und schnauben bang,
Die Rit­ter star­ren und schauen,
Da tönt bestrick­ender Gesang
Vom Mund der Wasserfrauen.

»O fol­get uns in unser Reich,
Rot­wangige Erdensöhne;
Unsterblichkeit ver­lei­hen wir euch
Und ewige Jugendschöne.

Es kann ja doch die höch­ste Lust
Auf Erden nicht gedeihen;
Ihr find­et sie an unsr­er Brust,
Bei uns, den Wasserfeien.

Was euer Herz sich wün­schen mag,
Ihr findet’s auf dem Grunde;
Zum Augen­blick wird euch ein Tag,
Das Jahr zu ein­er Stunde.

In unserm kühlen Aufenthalt
erwarten euch Freuden und Wonnen,
Soviel als Nadeln ein Tannenwald
Und Tropfen zählt ein Bronnen.« –

Die Rit­ter hören’s, es wallt ihr Blut,
Sie sprin­gen behend vom Pferde.
»Wir fol­gen euch, Nix­en, in die Flut;
Fahr wohl, du staubige Erde!«

Da raschelt das Laub, und die Rit­ter sehn
Auf ein­mal einen braunen,
Dick­köp­fi­gen Waldzw­erg vor sich stehn,
Darob sie aufs neue erstaunen.

Das Zwer­glein hebt die Hand und spricht:
»Lasst guten Rat euch sagen:
Gehorcht den Wasser­frauen nicht,
Ihr müsstet’s bald beklagen.

Wahr ist es, was man euch verhiess,
Man hat euch nicht belogen;
Es liegt ein blühend Paradies
Im Schoss der blauen Wogen.

Es warten euer auf dem Grund
Viel Wonne und Vergnügen
Doch etwas hat der Nix­en Mund,
Gar weis­lich euch verschwiegen.

Es har­ren eur­er kampfbereit –
Erzit­tert, kühne Ritter,
behaftet mit Unsterblichkeit,
Zwölf Nixenschwiegermütter.«



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