Lieblingsplatten 2014
In diesem Jahr sogar mal pünktlich: Eine kleine Übersicht über meine persönlichen Lieblingsalben des Jahres 2014. Wie immer gilt auch in diesem Jahr: Das Album muß nicht zwangsläufig im letzten Jahr veröffentlicht worden sein; als Kriterium gilt ausschließlich die persönliche Entdeckung der entsprechenden Platte in 2014. Es kann also durchaus ein Live-Album von Walther von der Vogelweide aus dem Jahre 1695 sein… Die Nennung der Album erfolgt ohne Rang, Album des Jahres ist trotzdem ganz klar das letzte in dieser Liste. Ein paar zu rügende Tonträger finden sich am Ende des Artikels.
Against Me! — Transgender Dysphoria Blues /// Aus Tom Gabel ist Laura Jane Grace geworden und damit beschäftigt sich dieses Album hauptsächlich. Feine Platte, musikalisch wie textlich. Nach den eher rockigen Tönen der Vorgängeralben (alles was nach „New Wave“ kam), gibt’s hier wieder ordentlichen Punkrock mitten auf die Zwölf. Laura Jane Grace ist immer noch eine der besten Songschreiberinnen im Punk, das beweist die große Hitdichte dieser Platte. Ich hatte ein bißchen Probleme, das Album als Album einzuordnen, es wirkt über weite Strecken eher wie eine Sammlung von Singles. Was die Songs aber nicht schlechter macht. Beste Momente: Wenn in Black Me Out gespuckt, gegeifert und gewütet wird. So geht Weltschmerz in erwachsen.
Schrappmesser — Schlachtrufe Stimmungshits /// Punkrock in Deutschland ist vieles geworden. Vor allem langweilig. Die ewiggleichen Dackelblut- und Turbostaat-Klone schleudern ihre (post-)pubertären Weisheiten verklausuliert unters Volk. Es herrscht eine gewisse Art von konservativem Starrsinn: Alle sind für die gleichen guten Sachen und gegen die gleichen schlechten Dinge. Provokation findet kaum noch statt. Man ist sich einig, hat sich eingerichtet und beschäftigt sich ansonsten viel mit sich selbst und seinen Gedanken. Ich könnte jetzt x Bands nennen, aber ich will a) niemanden dissen, und weiß b) daß das hier eh kaum jemand lesen wird. Schrappmesser jedenfalls — um zum Album zurückzukommen — sind anders. Ganz anders. Schrappmesser bringen dem Punkrock den Humor zurück. Und was für welchen! Punkrock mit plattdeutschen Einsprengseln, jeder Menge Genre-Zitate und Songtiteln für die Ewigkeit: „Half Besuopen Is Wechschmäten Geld“, „Strophe, Refrain, Strophe, Refrain, Krümmer Absägen, Cuppinilenker, Refrain“. Und die B‑Seite erst: 20 Minuten lang Bauernhof-Geräusche. Da muß man erstmal drauf kommen. Ich hab mich lange nicht so sehr mit einer Platte vergnügt, wie mit diesem Album. Beste Momente: „Ich muß hier nur zwei Dinge halten: Ein Bier und Schnauze. Ich wachs mit meiner Aufgabe und meiner Plauze…“
Leslie Clio — Gladys /// Ein zugegebenermaßen weiter Sprung von Schrappmesser zu Leslie Clio. Da liegen ganze Kontinente dazwischen. Leslie Clio macht Pop. Souligen Pop. Von vielen wird sie als die deutsche Amy Winehouse bezeichnet. Dieser Vergleich hinkt allerdings meiner bescheidenen Meinung nach; spielte doch uns Amy (Der Herr sei ihrer Seele gnädig…) in ihrer ganz eigenen Liga. Frau Clio jedenfalls hat ein paar richtig starke Songs am Start. Die sind zwar radiokompatibel — Stichwort: I Couldn’t Care Less -, aber dennoch nicht aalglatt produziert. Pop mit Anspruch gewissermaßen. Oder einfach nur Pop. Ich muß mich ja nicht dafür rechtfertigen, daß ich ein Temporär-Popper bin, soweit kommt’s noch! Beste Momente: Die Hits sind gut auf der Platte verteilt: Told You So (A1), Sister Sun Brother Moon (A5), God No More (B3)
Die Fantastischen Vier — Rekord /// Wir bleiben beim Pop. Oder beim Hip Hop. Aber wohl doch eher beim Pop, denn bei echten Hip-Hop-Fans dürften die Fantas wohl lange unten durch bzw. zu sehr in Richtung Popmusik marschiert sein. Was mich an dieser Band immer wieder fasziniert, sind die stellenweise großartigen Texte. Auch Rekord hat in dieser Hinsicht wieder einiges zu bieten; kommt allerdings nicht ganz an Alben wie Fornika heran. Insgesamt allerdings „lebt“ das Album auf einem sehr hohem Niveau — es gibt nur wenige Ausfälle (Disco ist einer). Egal also, ob man das Kind nun Hip Hop-Horst oder Pop-Peter nennt — was bleibt, ist fantastisch produzierte Musik mit teilweise wirklich starken Texten. Auch erwähnenswert: Die Produktion und der Klang sind fantastisch, da waren Profis am Werk. Außerdem: Fanta 4‑Platten gibt’s immer zum fairen Kurs, in diesem Fall für 2LP + CD ganze 18,99 €. Das macht auch nicht jede Kapelle, die in der Pop-Bundesliga spielt… Beste Momente: Die gesamte A- und B‑Seite bieten anspruchsvolle Unterhaltung auf hohem Niveau. Und ganz hinten wird’s mit „Das Spiel ist aus, aus, aus!“ heiter bis dramatisch.
Y’akoto — Moody Blues /// Eine wirklich große Platte. Ich hatte Y’akotos Vorgänger Babyblues hier auch schon gebührend abgefeiert. Moody Blues steht dem Erstling in nichts nach. Die Platte wirkt ein bißchen runder und erwachsener, was mich zuerst irritiert hat. Nach 8 bis 38 Durchläufen aber, hab ich auch dieses zweite Album liebgewonnen. (Retro-)Soul, Blues und Pop auf internationalem Niveau von einer Frau mit einer unglaublichen Stimme. Moody Blues deckt vieles ab: Es gibt beschwingte Tanzflächenfüller wie Save You oder Perfect Timing, tiefgründige und berührende Balladen wie Mother And Son oder den schummerigen Blues Forget. Wenn die Frau auf diesem Niveau weitermacht, liegt ein erfolgreicher Weg vor ihr… Einziges Ärgernis: Es gibt keinen mp3-Code zum Album. Und die Deluxe-CD hat einige Songs und Mixes mehr. Ich war tatsächlich gezwungen, nochmal 10 € für die mp3-Version rauszuwerfen… was tut man nicht alles … Beste Momente: Der Bass in Save You. Alter, Du musst diesen Bass fühlen!!!!1ELF
Die Art — Success /// Was ist schwarz und kommt aus Leipzig? Der alte Herr Makarios! Haha, was für ein dummer Witz zum Einstieg. So unwitzig wie die neue Scheibe der Die Art. Ich hätt’s den alten Herren ja ehrlich gesagt gar nicht mehr zugetraut. Aber sie haben mich dann doch gekriegt. Ein überraschend poppig-waviges Album mit wenigen Ausflügen in den Rock. Insgesamt sehr ausgewogen, ausbalanciert und mit einigen Hits am Start. Ich hätte wirklich nicht gedacht, das nach den eher durchwachsenen Alben der letzten Jahre nochmal sowas interessantes dabei rauskommt. Feine Sache! Beste Momente: Love Shiner ist ein Knaller.
The Smith Street Band — Throw Me In The River /// Alter, was für eine emotionale Achterbahnfahrt. The Smith Street Band schmeißen dich in ihren rostigen Van, dann liest dir Wil Wagner seine Geschichten vor und als Soundtrack dazu bekommst du Punkrock auf die Ohren. Am Ende der Fahrt schmeißen sie dich unversehrt aus dem Auto und glaub mir, dann hast du einiges zu erzählen… Lange hat mich Musik nicht mehr so berührt, wie es dieses Album geschafft hat. Eigentlich müßte ich längst aus dem Alter raus sein, aber die Texte haben mich wirklich gepackt. Und die Musik erst: Diese jungspundigen Australier zaubern mit einer unglaublichen Lässigkeit Melodien aus dem Ärmel … da wird mir ganz warm ums Herz. Ich weiß nicht, ob es schwer war, dieses Album zu schreiben. Aber es klingt so, als wäre es ganz einfach gewesen. Und ist trotzdem so komplex. Ein Wunderwerk! Beste Momente: Der Opener, der Schlußakkord und all die Momente dazwischen.
Zu rügende Tonträger 2014:
Element Of Crime — Lieblingsfarben und Tiere (Das hatten wir alles schon mal in besser, Herr Regener!)
Hello Saferide — The Fox, The Hunter And Hello Saferide (Das hatten wir alles schon mal in beschwingter, Frau Norlin!)
Morrissey — World Peace Is None Of Your Business (Das kann unmöglich Ihr Ernst sein, Herr Morrissey?!)
Das soll’s auch schon gewesen sein. Für sachdienliche Hinweise sind wie immer Kommentare sehr gern gesehen! Auf ein musikalisch hochwertiges 2015!
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