Es muß ein wohl sehr kalter Herbsttag gewesen sein, im Oktober des Jahres 1992, als sich drei junge Männer zum ersten Mal begegneten. Kai, Alexander und Torsten waren sich rasch sympathisch und die gemeinsame Leidenschaft zur Musik mündete in die Gründung der Rockgruppe Friede Ast.
In Mönchengladbach traf man sich, der kreisfreien Großstadt tief im Westen der Bundesrepublik Deutschland. Mönchengladbach ist die einzige Stadt der BRD mit zwei Hauptbahnhöfen. Das kann Zufall sein, aber auch Sinnbild für die zwei Pole zwischen denen sich Friede Ast seit nunmehr 30 Jahren bewegt: Da sind zum einen die Tragik, das Leid und die Düsternis – dunkle Facetten des Daseins, welche die Gruppe in vielen ihrer Lieder nur allzu treffend auf den Punkt bringt. Zum anderen sind dort aber auch der Humor, die Leichtigkeit, ja die Albernheit, die im starken Kontrast zur dunklen Seite den Gegenpol dazu bilden.
In diesem unauflösbaren Widerspruch lebt die Band, bezieht ihre faktische Kraft daraus und war immer auch Spiegel der sie umgebenden Gesellschaft. So könnte man es mit Blick auf die Bundesrepublik übertragen: Das Leid des bundesdeutschen Proletariats, vom faulenden Imperalismus entrechtet und geknebelt, ausgespien und alleingelassen. Gegenüber der Humor, als wichtiges Instrument im Kampf gegen die Unterdrücker, als Motivator und Begleitmusik zur kommenden Revolution. Über mittlerweile 30 Jahre nahm Friede Ast viele Lieder auf und bestritt unzählige Gastspielreisen durch die Bundesrepublik und Westeuropa. Man gewann eine treue Anhängerschaft, die der Gruppe bis zum heutigen Tage eng verbunden ist.
Auch in die Deutsche Demokratische Republik knüpfte man Kontakte und so kommt es, dass auf diesem Tonträger zwei verdiente Volkskunstensembles der DDR antreten, um Friede Ast ihren ganz persönlichen Tribut zu zollen.
Die Magdeburger New Wave („Neue Welle“)-Formation PEPPONE überrascht mit einer keyboardlastigen Interpretation der „Fremde“, während die ebenso aus der Stadt des Schwermaschinenbaus stammenden BOITELS mit dem „Pessimistenlied“ sich ganz in der Tradition der simplen Rockmusik („One, two, three, four…“) bewegen. Abgerundet wird diese Veröffentlichung durch eine Kollaboration aller Beteiligten in Form der Singegruppe KANTINE B ALL-STARS, die eine ungestüme Version der „Würmer“ zu Gehör bringt.
Getroffen hat man sich in den heiligen Hallen des VEB Tonaufzeichnung Leipzig um unter der fachkundigen Regie des mehrfach ausgezeichneten Toningenieurs Jens „Niethose“ Halbauer die hier vorliegenden Lieder einzuspielen.
Für die Herstellung zeichnete das Schallplattenschnittkombinat Frei zum Abriss Kollektiv verantwortlich. Gestaltet wurde die vor Ihnen liegende Tonträgerhülle durch Torsten Freitag vom VEB Lichtsatz Magdeburg. Alle Beteiligten möchten ihren Beitrag zu diesem Tonträger ausdrücklich als Geschenk und Gratulation an Friede Ast verstanden wissen.
Was also bleibt? Es bleibt die Hoffnung auf viele weitere Jahre Friede Ast und viele weitere Lieder aus der Welt zwischen den beiden eingängs erwähnten Polen.
Euch, lieber Kai, lieber Alexander, lieber Torsten, gratulieren wir von ganzem Herzen zu eurem 30. Geburtstag!
Ihnen, liebe Hörerin, lieber Hörer, wünschen wir viel Freude mit dem vorliegenden Tonträger.
Eisen maß Frust!
Wolf-Rüdiger Rosengarten
Toller Text 🙂
Der Peppone Song erinnerst doch stark an Fliehende Stürme (ob’s am Toningenieur liegt?). Wirklich. Muss Jens noch ein wenig tiefer und trauriger singen, aber auch so ausgezeichnete Interpretation.
Auch die Boitels und die Kantine B All-Stars geben das Friede Ast Liedgut solide wider.
Kaufempfehlung, absolut zugestimmt.
Danke, Alex! An den Liner Notes im besten Amiga-Stil hab ich auch echt lange gesessen…
Musikalisch stimme ich Dir natürlich zu, tolle Scheibe!