World Peace Is None Of Your Business — Morrisseys neues Album

Das neue Mor­ris­sey-Album World Peace Is None Of Your Busi­ness erscheint am 15. Juli (hier gibt’s einen Album­stream). Nach­fol­gende Zeilen ver­mit­teln einen ersten Eindruck…

Ich hab das Album in der Deluxe-Ver­sion (6 Bonus­songs) jet­zt mehrfach ange­hört und werde ein­fach nicht warm damit. Was mich selb­st über­rascht, denn bis­lang kon­nte ich jedem Mor­ris­sey-Album wenig­stens irgend­was abgewinnen.

Im Früh­jahr 1990 hab ich mir Viva Hate auf Kas­sette gekauft. Eigentlich sollte es einen LP wer­den, aber die war ger­ade nicht vor­rätig. Ich hat­te ger­ade erst über irgendwelche Kanäle erfahren, daß es über­haupt ein Soloal­bum von Mor­ris­sey gibt. Durch den eis­er­nen Vorhang sick­erten Infor­ma­tio­nen dieser Art nur spär­lich und von meinen geliebten The Smiths hat­te ich derzeit nur die pol­nis­che Ton­press-Pres­sung des Debü­tal­bums als echt­en Ton­träger sowie alle anderen Alben auf über­spiel­ten Kas­set­ten von Freunden.

The Smiths hat­ten immer eine beson­dere Bedeu­tung für mich. Tolle Pop­songs (damals nan­nten wir das Inde­pen­dent, hat­ten aber keine Ahnung, daß der Begriff genaugenom­men keine Musikrich­tung, son­dern eher eine Ver­trieb­sart kennze­ich­net) in Verbindung mit großar­ti­gen Tex­ten (von denen ich damals wenig ver­stand, aber fühlte, das sie gut sein mussten!).

Wom­it wir beim ersten Kri­tikpunkt von World Peace… wären: Die Texte. Sie sind stel­len­weise recht flach ger­at­en, lassen Romance und Teenage Angst — zwei bes­tim­mende The­men der alten Tage — schmer­zlich ver­mis­sen, sind keine bis­sige Anklage gegen Gott und die Welt mehr. Stattdessen scheint es, als habe Meis­ter Mor­ris­sey sein Wörter­buch gezückt und dort ein paar bil­lige Reime abgeschrieben: „Mad in Madrid, ill in Seville, lone­ly in Barcelona. Then, some­one tells you and you cheer… Hooray!, hooray!, The bull­fight­er dies! And nobody cries… Nobody cries, because we all want the bull to sur­vive. Gaga in Mála­ga, no mer­cy in Mur­cia, men­tal in Valen­cia…“ (aus The Bull­fight­er Dies). Wenn Mor­ris­sey For­give Some­one singt, ist das so, als würde Han­ni­bal Lecter veg­e­tarische Lasagne zu seinem Lieblings­gericht erk­lären. Oder auch Kiss Me Alot, der Song, der eben diese drei Worte mantra­haft bis zum Erbrechen wiederholt.

Zweit­er Kri­tikpunkt sind die größ­ten­teils völ­lig unin­spiri­erten und unin­spiri­eren­den Songs, die es in früheren, besseren Tagen nicht mal zur B‑Seite geschafft hät­ten. Es gibt kaum etwas, das hän­gen­bleibt, nichts das sich ein­prägt. Die hohe Kun­st des Schreibens eines guten Songs sucht man auf diesem Album lei­der weitest­ge­hend verge­blich. Wie sagte Rossi­ni doch einst über Richard Wag­n­er: „Wag­n­er hat wun­der­volle Momente, aber schlechte Vier­tel­stun­den in sein­er Musik.” Und genau­so füh­le ich über dieses Album.

Let­zter Punkt: Die Pro­duk­tion. Die ganze Plat­te klingt sehr flach und unpro­fes­sionell gemis­cht und gemas­tert. Die Instru­mente klin­gen durchgängig so, als kämen sie kom­plett aus dem Com­put­er. Vielle­icht kom­men sie sog­ar daher, wer weiß.

World Peace… ist alles andere als ein Glanzpunkt in Mor­ris­seys Schaf­fen. Es liegt irgend­wo im unteren Mit­telfeld, ziem­lich in der Nähe von Kill Uncle. Es ist schön, seine Stimme mal wieder zu hören, auch wenn er nichts neues zu sagen hat.

Ich jeden­falls bin ent­täuscht, gebe die Hoff­nung auf bessere Zeit­en und sub­stantiellere Alben aber nicht auf.

P.S. Auf Face­book und in ein­schlägi­gen Foren bin ich für eine Zusam­men­fas­sung dieser Albumkri­tik übri­gens schon ordentlich beschimpft wur­den. Hier mein Lieblingskom­men­tar, der kaum noch etwas mit der Musik zu tun hat und ganz gut zeigt, wie fatal­is­tisch und ver­bohrt die Fans des Meis­ters (zu denen ich mich zäh­le (zählte?)) sein können:


4 Kommentare zu „World Peace Is None Of Your Business — Morrisseys neues Album“

  1. Schöne Rezi. Ich habe mir das Album jet­zt noch nicht gekauft. Son­st hole ich mir immer alles. Ein­fach so und unge­hört. Nun werde ich mal über­legen. Vielle­icht zollen das Alter und die andauern­den „Ver­let­zun­gen“ von Moz ja dafür, dass die Scheibe nicht so rund gewor­den ist.

  2. die texte sind stel­len­weise wirk­lich arg flach. bei „kiss me a lot“ bin ich vor scham rot gewor­den, als immer und immer wieder diese eine stumpfe zeile kam und zufäl­lig grad meine mit­be­wohner­in im flur stand.
    dass die pro­duk­tion so schwach ist, ist schade, da ich es rein musikalisch gut finde. endlich keine gitar­ren­wände mehr.
    was nir­gends erwäh­nt wird: das cov­er ist schön!

    1. Das Cov­er finde ich so lala. Ich muß mich nochmal an eine Einzel­be­w­er­tung der Tracks machen, sobald etwas mehr Zeit ist. Kön­nte sein, daß mein bish­eriges Urteil vielle­icht eine Spur zu harsch aus­ge­fall­en ist … man wird sehen.

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