Oktober 2012

Stockente.

Maulfaul und mür­risch und malade, so sind die Men­schen der Börde. Bekom­men die Zähne nicht auseinan­der, grüßen nicht fre­undlich und wer nicht von hier ist, wird feind­selig angeschaut. Diese betont unfre­undliche Art spiegelt sich gele­gentlich auch im Schriftwerk der Börde­ri­an­er wider. Vielle­icht liegt es aber auch nur am Geschlecht, denn laut gewis­sen empirischen Erhe­bun­gen neb­ulösen Ursprungs sind 98,34 Prozent aller Rassege­flügelzüch­terin­nen männlich. So ver­mut­lich auch der Schreiber dieses Inser­ats. Eine Züch­terIN hätte sich niemals so kurz gefaßt, son­dern vielle­icht noch kurz etwas zu den Ver­wand­schaftsver­hält­nis­sen der Stock­en­ten­bande oder den charak­ter­lichen Eigen­schaften der Stock­en­tenkinder mitzuteilen gehabt. Dem Züchter jedoch ist der­lei unnütze Infor­ma­tion vol­lkom­men Bock­wurscht. „Stock­ente. Tele­fon.“ Das muß reichen. Auch die Ver­wen­dung des Vogels muß im Unklaren bleiben: Soll die Ente gebrat­en das Wei­h­nachts­mahl bere­ich­ern oder dient das Flug­gerät zur fachgerecht­en An- und Aufzucht von Stock­en­ten­nach­wuchs? Wir wis­sen es nicht, und ich befürchte, daß es uns wohl noch Tage beschäfti­gen wird.

Stockente. Kommentare...

, ,

Herbst.

8 Grad. Sprühre­gen. Dieser Herb­st ist nicht gold­en. Eher blech­ern. Ein Herb­st aus Alu­mini­um. In Ham­mer­schlagop­tik. Höch­ste Zeit also, das Com­pact Disc-Wieder­gabegerät im Kraft­fahrzeug mit Jahreszeit-kom­pat­i­blen Scheiben zu bestück­en. Diese Woche im End­loslauf: Dinosaur Jrs „Where You Been“ aus dem Jahre 1993. Wun­der­bar zugek­iffter Hip­pie-Grunge. Erstaunlich, wie frisch und zeit­los dieses mit­tler­weile 19 Jahre alte Album klingt. Und die Musikpolizei sagt: Die einzi­gen offiziell ges­tat­teten Gitar­ren­soli sind die von J Mascis.



Herbst. Kommentare...

, , , , ,

Wo Barthel den Most holt.

Gedicht von Rudolf Baumbach


Das war der Barthel, der fromme Mann,
Der has­ste der Stadt Gebrause,
Er zog hin­aus in den fin­stern Tann
Und baute sich eine Klause.

Dort stillt der Bergquell seinen Durst,
Den Hunger die wilden Beeren
Und neben­her auch Speck und Wurst,
So ihm die Bauern verehren.

Am Tag ver­bringt er seine Zeit
Mit Essen, Gebet und Beschauung,
Die übri­gen Stun­den sind geweiht
Dem Schlum­mer und der Verdauung.

So führt er als ein guter Christ
Ein Leben recht gedeihlich,
Und wenn er ein­mal gestor­ben ist,
So spricht der Papst ihn heilig.

Wenn voll des Mon­des Scheibe lacht,
Lacht auch der Barthel listig:
Er hebt sich von dem Lager sacht,
Waldein­wärts schre­it­et er rüstig.

An seinem Arm hängt riesengroß
Ein Krug mit bauchiger Ründung;
So kommt er an ein zer­fal­l­enes Schloss
Und schlüpft in des Kellers Mündung.

Manch schw­eres Fass voll Rhein­wein ruht
Dort unten tief im Berge.
Es wachen über dem edlen Gut
Des Waldes kluge Zwerge.

Sie sam­meln sich beim Vollmondschein
Und feiern ihre Feste;
Die Nix­en und die Waldfräulein
Sind gern gese­hene Gäste.

Der Eremit tritt schüchtern vor
Und schar­rt mit seinem Fuße,
Da jubelt laut der Zwerge Chor
Und bietet das Glas zum Gruße.

Wald­weiblein, wenn sie ihn gewahrt,
Gar fre­undlich lächeln und knixen,
Es zupfen ihn am lan­gen Bart
Die über­müti­gen Nixen.

Und bei den Fässern hebet an
Ein Zechen ohne Gleichen.
Der Wasser­mann kommt auch heran,
Berichtet von seinen Streichen.

Dann lachen leis die Waldfräulein,
Die Nix­en kich­ern verstohlen.
Der Eremit blickt lustig drein.
Die Zwerge schreien und johlen.

Wenn die Hähne krähen, wenn däm­mern­der Tag
Zum Keller­loch mah­nend hereinblinkt,
Der Klaus­ner müde vom Geistergelag
Nach Haus mit dem Kruge voll Wein hinkt

Und sinkt auf seine Lagerstatt
Und schlum­mert auf duf­ten­dem Heue,
Und wenn er sich aus­geschlafen hat,
Begin­nt er zu trinken aufs neue.

Dem aber, dessen Liedermund
Dies schöne Lied gedichtet.
Hat Barthel selb­st in traulich­er Stund‘
Die Wun­der­märe berichtet.

Und wenn er aus des Klaus­ners Krug
Zuweilen sich einen Trost holt,
So spricht er ras­tend nach tiefem Zug:
„Ich weiß, wo Barthel den Most holt.“



Wo Barthel den Most holt. Kommentare...

, , ,

Wenn ich einmal tot bin…

… möge man mich so ehren, wie es die Gemeinde Gabel­bach mit ihrem Heimat­po­et­en Rudolf Baum­bach tat: Man trauer­prozes­sion­ierte eine geschla­gene Woche lang. Der Trauerzug wurde von mehreren Blu­men­wa­gen aus Mess­ing ange­führt, gezo­gen von geschmück­ten Ziegen­böck­en. Es gab Frei-Cola für alle und man sang die lustig­sten Lieder der Smiths. Am Ende der Trauer­feier­lichkeit­en enthüllte man dem Gemein­de­po­et­en ein Denkmal.


Der Rit­ter und die Nixen
Rudolf Baumbach

Zwölf Rit­ter rit­ten durch am Wald
Mit Schw­ert und Schild und Sporen;
Sie scherzen und lachen und haben bald
Den recht­en Weg verloren.

Und plöt­zlich sehen sie durch den Tann
Ein stilles Wass­er blinken;
Sie reit­en hinzu, sie hal­ten an
Und lassen die Rösslein trinken.

Da rauscht das Schilf und schwankt und nickt,
Die Wasserlilien sich neigen,
Und aus dem See korallengeschmückt
Zwölf schöne Nix­en steigen.

Die Rosse zit­tern und schnauben bang,
Die Rit­ter star­ren und schauen,
Da tönt bestrick­ender Gesang
Vom Mund der Wasserfrauen.

»O fol­get uns in unser Reich,
Rot­wangige Erdensöhne;
Unsterblichkeit ver­lei­hen wir euch
Und ewige Jugendschöne.

Es kann ja doch die höch­ste Lust
Auf Erden nicht gedeihen;
Ihr find­et sie an unsr­er Brust,
Bei uns, den Wasserfeien.

Was euer Herz sich wün­schen mag,
Ihr findet’s auf dem Grunde;
Zum Augen­blick wird euch ein Tag,
Das Jahr zu ein­er Stunde.

In unserm kühlen Aufenthalt
erwarten euch Freuden und Wonnen,
Soviel als Nadeln ein Tannenwald
Und Tropfen zählt ein Bronnen.« –

Die Rit­ter hören’s, es wallt ihr Blut,
Sie sprin­gen behend vom Pferde.
»Wir fol­gen euch, Nix­en, in die Flut;
Fahr wohl, du staubige Erde!«

Da raschelt das Laub, und die Rit­ter sehn
Auf ein­mal einen braunen,
Dick­köp­fi­gen Waldzw­erg vor sich stehn,
Darob sie aufs neue erstaunen.

Das Zwer­glein hebt die Hand und spricht:
»Lasst guten Rat euch sagen:
Gehorcht den Wasser­frauen nicht,
Ihr müsstet’s bald beklagen.

Wahr ist es, was man euch verhiess,
Man hat euch nicht belogen;
Es liegt ein blühend Paradies
Im Schoss der blauen Wogen.

Es warten euer auf dem Grund
Viel Wonne und Vergnügen
Doch etwas hat der Nix­en Mund,
Gar weis­lich euch verschwiegen.

Es har­ren eur­er kampfbereit –
Erzit­tert, kühne Ritter,
behaftet mit Unsterblichkeit,
Zwölf Nixenschwiegermütter.«



Wenn ich einmal tot bin… Kommentare...

, , , , ,
Nach oben scrollen