„Potsdamer Platz“
Buddy Giovinazzo
Klappentext:
Berlin 1995. Auf der Riesenbaustelle am Potsdamer Platz tobt ein blutiger Verdrängungskrieg um Großaufträge. Die amerikanischen Mafiasoldaten Tony und Hardy werden nach Berlin entsandt, um einen türkischen Bauunternehmer in seinem Kampf gegen die Russenmafia zu unterstützen – und damit nimmt eine Spirale der Gewalt und Verwüstung seinen Lauf, von der man in der deutschen Hauptstadt bis dahin noch nicht einmal albträumen konnte. „Wenn der Lärm der Schüsse verhallt ist und der Staub sich gelegt hat, dann hat man das Gefühl, dieses Land durch Giovinazzos Augen ganz neu zu sehen.“
Über den Autor:
Buddy Giovinazzo, 1960 in Staten Island, New York geboren, hat schon in den Achtzigern seinen ersten Underground-Film inszeniert; danach drehte er in Deutschland für die Serien „Polizeiruf 110“ und „Tatort“. Der Filmemacher und Autor, der schon mehrere Romane veröffentlichte, lebt in Los Angeles und Berlin.
„Der PATE meets PULP FICTION“ heißt es auf der Rückseite. Jepp, und genau so ist es auch.
Wenn zwei provinzielle Amerikaner von ihrem Boss Riccardo Montefiore mit einem Killerauftrag nach Berlin geschickt werden, dann kann das eigentlich nur schief gehen. Der Ich-Erzähler Tony und der pädophil veranlagte Hardy ballern sich durch die Stadt und hinterlassen schon auf Seite 18 eine ziemliche Sauerei. Blöd nur, dass sie dabei versehentlich die 14jährige Tochter eines Russenmafia-Bosses erwischen…
Berlin verliert hier den allerletzten Rest Großstadtromantik, hat weder Charme noch Charakter oder treffender gesagt: „Berlin vereint die Nachteile einer amerikanischen Großstadt mit denen einer deutschen Provinzstadt …“ (Kurt Tucholsky, 1919).
Es geht um Geld, es geht um Macht, Intrigen und ein bisschen auch um Liebe. Grandioser Lesestoff, der wie eine nicht enden wollende MG-Salve einschlägt und kaum Zeit lässt, sich die Betonbröckchen aus den Haaren zu schütteln. Jagd durch Hinterhöfe, Kugeln zählen, über Dächer springen und immer wieder toppt ein Blutrausch den anderen. Und hinter allem sitzt „die Firma“ wie eine fette lauernde Spinne – gleichzeitig Familie und Exekutionskommando.
Unverhofft und chronologisch un-logisch tauchen Kindheitserinnerungen auf, die erst zum Schluss ein ganzes Bild vom Killer geben — das man aber gar nicht mehr braucht, um ihn sympathisch zu finden. Dessen sich allmählich entwickelnde Skrupel sind absolut nachvollziehbar und wirken nie konstruiert oder unglaubwürdig. Das stille Finale löst ein Kribbeln unter der Haut aus, das auch noch eine ganze Weile dort bleibt.
Die Dialoge sind filmreif, witzig und von wunderbarer Situationskomik. Giovinazzos Erzählstil bietet großes Kopfkino, plastische Charaktere und ausgereifte Poesie im Stil eines Raymond Chandler.