In Ritas Hafenbar

Gele­gentlich ist es an der Zeit, mit altherge­bracht­en Sit­ten und Gebräuchen zu brechen und den Unvorherse­hbarkeit­en des Lebens entschlosse­nen Mutes ins Auge zu blick­en. Die Rou­tine ist der höch­ste Feind der Spon­tan­ität, sie hält let­ztere im Keller gefan­gen und prügelt mit der Peitsche der Berechen­barkeit gnaden­los auf sie ein. Im Angesicht dieser Erken­nt­nis beschloß ich, meinen fre­itäglichen Kneipen­abend in „Ritas Hafen­bar“ auf Dien­stag vorzu­ver­legen. Ehrlich gesagt, war dies nicht der einzige Grund:

Ich hat­te ziem­lichen Durst.

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In der Spelunke — deren Innenein­rich­tung an eine Alt­bau­woh­nung im Buck­au der 80iger Jahre erin­nert — angekom­men, gesellte ich mich zu meinen Trinkbrüdern und Spießge­sellen, Holzbein-Horst und Schlitzer-Kalle. Sie hiel­ten bere­its ein mit­tels Wärm­flasche vorge­heiztes Plätzchen für mich frei, ein Ser­vice, den ich beispiel­sweise in heuti­gen mod­er­nen Schnell­restau­rants beina­he kör­per­lich schmerzhaft ver­misse. Bei meinem let­zten Besuch in ein­er dieser urba­nen Lokalitäten ern­tete meine dies­bezügliche Frage nach Platzre­servierung und ‑vor­wär­mung nur ver­ständ­nis­los­es Kopf­schüt­teln. Dabei geht nichts über einen gut gewärmten Platz, man sitzt sofort deut­lich bess­er, das wohlige Gefühl des Heimis­ch­seins stellt sich bere­its nach weni­gen Sekun­den ein. Ein kalter Sitz­platz hinge­gen ist nicht nur des Popos größter Feind son­dern auch dem all­ge­meinen Wohlbefind­en abträglich. Und auf das Aller­schärf­ste anzuprangern!

Zurück zu Horst und Karl-Heinz. Wir bestell­ten je ein Her­rengedeck samt Brathäh­nchen und geri­eten ins Plaud­ern, sprachen über die Widrigkeit­en, die das Leben in großer Zahl für uns bere­i­thält, über die Geschäfte und den Lauf der­sel­ben, über Fam­i­lie, Bekan­nte, Ver­wandte und Trend­sportarten, über dies und das, jenes und solch­es, kurzum: Wir rede­ten so daher. Als mir Horst und Karl-Heinz Neuigkeit­en aus ihrem Geschäft­sleben berichteten (die Art von Geschäften ist für diesen Beitrag nicht von Belang) gewann ich zunehmend den Ein­druck, daß bei­de maßge­blich dafür ver­ant­wortlich sind, daß die Liste der Tod­sün­den vom Vatikan ger­ade erst erweit­ert wurde. Eine dun­kle Ahnung, das bei­de ihr Geld in eher dun­klen Kanälen — hier meine ich nicht die zweifel­sohne ehren­werten Her­ren vom Abwasser­we­sen — ver­di­enen, hat­te ich schon immer. Das ihre Kanäle jedoch so aus­ge­sprochen dunkel sind, das sie von keinem Licht­strahl je erhellt wer­den, war auch mir neu. Gegeben­falls werde ich zu einem späteren Zeit­punkt aus­führlich­er wer­den, ich bitte um Ihr Ver­ständ­nis. Man weiß ja nie, wer so alles mitliest.

Nach­dem wir also unser erstes Her­rengedeck getrunk­en hat­ten und dazu übergin­gen, Brathäh­nchen-nagend Löch­er in die Luft zu star­ren, flog mit einem kräfti­gen Rumms! die Türe auf und here­in kam flot­ten Schrittes der dritte Schurke im Bunde: Unser so lange und so schmer­zlich ver­mis­ster Brotgenosse Bulet­ten-Bruno. Suchend blick­ten seine Augen aus tiefen Höhlen durch den Raum und als er uns erblick­te erschallte sein kräftiger Bass mit einem „Na, ihr Lüt­ten?! Bulet­ten-Bruno ist wieder da!“ zu uns herüber…

[Fort­set­zung fol­gt fielleicht]

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